BÄUME HABEN ES GUTIN NIDAU

 

Im Gegensatz zur Stadt Biel, schützt die Stadt Nidau ihre Bäume.

In der Kernzone zwischen der Hauptstrasse und der Zihl zum Beispiel, darf kein einziger Baum gefällt werden – ausser er ist nicht mehr lebensfähig.* In diesem Fall muss auf der gleichen Parzelle ein Ersatzbaum gepflanzt werden. Das gleiche gilt für die beiden Zonen mit Sonderbauvorschriften Weidteile und Burgerbeunden. Auch die Ufergebiete entlang der Zihl dürfen nicht gerodet werden, sie müssen im natürlichen Zustand belassen werden, so steht es im Baureglement der Stadt Nidau. In allen anderen Quartieren der Stadt gibt es zahlreiche Bäume – auf Stadt- wie auf Privatgrund – die als Schutzobjekte im Zonenplan eingezeichnet sind. Dazu gehören unter anderen auch vier Bäume an der Gurnigelstrasse, die der geplanten A5-Westastautobahn weichen müssten. Einer dieser Bäume beschattet das Trottoir entlang der Gurnigelstrasse – drei weitere stehen in einem wunderschönen, wilden Garten…

Auch die Bäume im Quartier Weidteile, die laut Baureglement allesamt unter Schutz stehen, müssten der Baustelle weichen – und sollen dann Jahre später, nach Beendigung der Bauarbeiten, soweit möglich durch Jungbäume ersetzt werden.

Trotz dieser Schutzvorschrift, kann das Fällen von eingezeichneten Bäume bewilligt werden – wenn wichtige, übergeordnete Interessen geltend gemacht werden.

Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang: Sollen  im 21. Jahrhundert  die Interessen der Bau- und Autolobbies immer noch höher gewichtet werden, als der Erhalt und Schutz der Natur? Gerade in städtischem Gebiet, wo jeder Baum, jeder Garten eine wichtige Funktion für das Stadtklima hat – Stichwort: Klimawandel.

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P.S.

In der Stadt Biel gibt es im Stadtrat eine dünne Linksgrün-Mehrheit. Wir zählen ab heute die Tage,  bis im Bieler Stadtparlament das Bauregelement um einen Baumschutz-Artikel ergänzt wird, wie ihn die Stadt Nidau schon lange hat. Bieler Stadträte und –rätinnen, wacht auf!

 

 

 

BIEL UND SEINE BÄUME

 

Der A5-Westast-Autobahn sollen 745 Stadtbäume geopfert werden. Darunter ganze Alleen, wie etwa entlang der Neuenburgstrasse, am Dammweg oder an der Salzhausstrasse. Aber auch unzählige stolze Einzelexemplare – auf dem Strandboden, beim Gurnigelkreisel… in zahlreichen Privatgärten.

Ist das überhaupt zulässig? wundert sich die erstaunte Bürgerin. Gerade in Zeiten des Klimawandels tragen immer mehr Städte der wichtigen Rolle von Bäumen Rechnung und schützen sie entsprechend.

In Bern zum Beispiel, sind alle Bäume auf öffentlichem Grund, die (1 Meter über dem Grund) einen Durchmesser von mindestens 25 Zentimeter aufweisen, geschützt. In der Altstadt sogar jene, mit einem Durchmesser von bloss 10 Zentimetern. – Auch die Stadt Basel schützt ihre Stadtbäume mittels Baumschutzgesetz. Gegen Fällgesuche kann auch Einsprache erhoben werden.

Und in Biel?

Gerne brüstet man sich bei der Stadt mit dem Engagement für die Begrünung des öffentlichen Raums. Soeben teilte der Gemeinderat als Antwort auf eine Interpellation mit, seit dem Jahr 2000 habe man 1400 neue Bäume gepflanzt, davon 300 als Ersatz für solche, die gefällt wurden.

Baudirektorin Barbara Schwickert weiss auch, wie man sich mit dem Engagement für neue Bäume in Szene setzen kann. So geschehen kürzlich auf der Schüssinsel, wo das Pflanzen von sieben jungen Nussbäumen zu einem regelrechten Medien-Event aufgebauscht wurde.

Bis letztes Jahr wusste man jedoch nicht einmal, wie viele Bäume überhaupt  den Bieler Stadtboden beleben und beschatten. Nun hat man sie endlich gezählt: Im «Baumkataster der Bäume im öffentlichen Raum», der 2016 erstellt wurde, sind 8000 Exemplare erfasst.

Geschützt allerdings ist, laut Auskunft der Stadtgärtnerei, genau ein einziger Baum in Biels öffentlichem Raum: Die rund 250jährige Rotbuche beim Museum Neuhaus. Ein Blick in die Akten zeigt: Die sogenannte Neuhausbuche wurde anno 1950 per Regierungsratsbeschluss unter Schutz gestellt und figuriert seither – als einziger Bieler Baum – auf der Liste der geschützten Naturdenkmäler im Kanton Bern.

Es gab durchaus Bemühungen, das zu ändern und auch andere Bieler Bäume unter Schutz zu stellen. Um die Jahrtausendwende forderte zum Beispiel Barbara Schwickert mit einem Postulat den Gemeinderat auf, Massnahmen für die Erlassung eines Baumschutzreglements abzuklären.

Fünf Jahre gingen ins Land, bis der Gemeinderat ihren Vorstoss beantwortete. Abschlägig, notabene. Die Begründung des damaligen Baudirektors Hubert Klopfenstein lautete: «Dem Gemeinderat geht es nicht darum, Arbeit einzusparen. Vielmehr erachtet er ein Reglement, wie auch immer es ausgearbeitet wäre, als nicht vollstreckbar, durchsetzbar, oder «justiziabel», wie man so schön sagt. Ein solches wäre sogar kontraproduktiv, da es unendlich viele Möglichkeiten gäbe, dieses Reglement zu umgehen.» *

Eine merkwürdige Antwort. Ob der Baudirektor schon damals die geplante Autobahn-Baustelle im Visier hatte? Und mit dem Verzicht auf einen verschärften Baumschutz die dafür notwendigen Fällungen nicht unnötig erschweren wollte?

Der Umweltbericht der Stadt Biel thematisierte das Fehlen von speziellen Baumschutzmassnahmen 2006 wie folgt: «Der Schutz der Bäume im Stadtgebiet war nicht Inhalt der Revision des Baureglements, um dieses umfangreiche Vorhaben nicht durch eine weitere umstrittene Problematik zu belasten. Der Baumschutz im öffentlichen und privaten Bereich muss deshalb getrennt vom Baureglement erneut speziell angegangen werden.»

Seither hat sich nichts getan. Bei der Stadt wiegelt man ab: Den Bäumen werde Sorge getragen. Wo immer möglich, pflanze man Ersatz für Bäume, die gefällt werden müssten, heisst es bei der Stadtgärtnerei.

Nun aber droht mit dem geplanten A5-Westast ein Kahlschlag sondergleichen. Die meisten der 745 zu fällenden Bäume stehen auf Bieler Boden. Die A5-Mammutbaustelle verdrängt während Jahren – teilweise für immer – wertvollen Grünraum aus dem Stadtbild. Die Ersatzbäume, die dereinst nach Abschluss der rund 15jährigen Bauarbeiten gepflanzt werden sollen, brauchen Jahrzehnte, um das Potenzial des heutigen Baumbestandes in den betroffenen Gebieten zu erreichen.

Allein auf dem Strandboden sollen Dutzende von Bäumen dem Installationsplatz für den Autobahnbau weichen. Dagegen haben nun aber die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz SLS, der Berner Heimatschutz sowie die Stiftung Helvetia Nostra Einsprache erhoben. Mit guten Argumenten.

Denn obschon es die Stadt Biel verpasst hat, ihre Juwele selber unter Schutz zu stellen, besteht noch Hoffnung: Sowohl der Strandboden, wie die Baumalleen an der Ländte- oder Salzhausstrasse sind im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ISOS aufgeführt. Das heisst: Eingriffe oder gar die Zerstörung dieser Ensembles können nur erlaubt werden, wenn wichtige übergeordnete Interessen dies erfordern.

Ob der überdimensionierte Bau des A5-Autobahnwestasts dazu gehört,  ist vernünftigerweise nur mit Nein zu beantworten. Angesichts von Klimawandel und Energiewende muss das Urteil definitiv für den Erhalt der 745 Bäume ausfallen.

© Text: Gabriela Neuhaus


 

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