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ZEIT FÜR EINEN RUNDEN TISCH!

Der Bieler Architekt und Raumplaner Kurt Rohner fordert einen runden Tisch, um Varianten zum A5-Westastprojekt breit und demokratisch zu diskutieren. Ein Vorschlag, der Sinn macht – und höchste Zeit, dass er umgesetzt wird! Diskussionsmaterial in Form prüfenswerter Ideen und Vorschläge liegt längst in Hülle und Fülle vor. Das wissen auch die PolitikerInnen und Behörden.

Leider wurden alternative Lösungsansätze, die es – entgegen anders lautender Behauptungen – seit Jahren gibt, bis anhin unter den Tisch gekehrt. Unter dem Druck der Demonstration vom 23. September erklärten Stadtpräsident Fehr und der Bieler Gemeinderat plötzlich ihre Bereitschaft, «den zuständigen Stellen beim Bund und Kanton alternative Lösungsvorschläge zur Prüfung weiterzuleiten, wenn mit diesen die gleichen verkehrlichen Wirkungen erzielt werden können.»

Fehr weist neuerdings darauf hin, dass er den seit langem in Aussicht gestellte Alternativ-Vorschlag, den eine Gruppe von Architekten, Planern und Ingenieuren aus dem Umfeld des «Komitees Westast so nicht!» erarbeitet hat, mit Spannung erwarte.

Was der Stadtpräsident von Biel aber verschweigt: In den letzten Jahren und Monaten sind auch auf seinem Pult immer wieder intelligente und valable Alternativ-Ansätze zum vorliegenden A5-Westastprojekt gelandet. Nur: Davon wollte man im Bieler Stadthaus bis anhin nichts wissen. Statt sich mit den Vorschlägen und Skizzen auseinanderzusetzen, stellte man die KritikerInnen lieber in die Ecke der ewigen VerhindererInnen und Nein-SagerInnen, man bezichtigte sie des Egoismus und unterstellte ihnen, sie hätten keine Alternativen oder seien zu spät damit.

Fakt ist: Alternativen wurden nach 2010 gar nicht mehr ernsthaft in Betracht gezogen. Mit dem Verweis auf die «Arbeitsgruppe Stöckli», die 2010 den Basisentscheid für die heute noch gültige Variante mit den beiden innerstädtischen Anschlüssen gefällt hatte. Heute weiss man, dass dieser Entscheid alles andere als demokratisch zustande kam – und dass es von Anfang an fundamentale Kritik gegeben hat, die – einmal mehr – weder berücksichtigt, noch kommuniziert wurde.

  • Bereits im Rahmen der Mitwirkung zum Generellen Projekt kritisierte etwa eine Gruppe von erfahrenen Baufachleuten um Hans-Rudolf Oechslin die Linienführung des A5-Westasts und beantragte, die Variante einer Nordumfahrung noch einmal zu prüfen. Seither äussersten sich Oechslin und seine Mitstreiter regelmässig kritisch zu den Machenschaften rund um das Projekt – sowohl in Leserbriefen wie auch in direkter Korrespondenz mit den Behörden.
  • In den letzten Jahren haben sich auch viele andere Fachleute aus der Region Gedanken gemacht, wie eine zukunftsfähige Verkehrsplanung im Seeland aussehen könnte. Die «kleine Seelandtangente» etwa, wie sie der Architekt und Raumplaner Kurt Rohner im Interview vom 6. Oktober 2017 skizziert hat, liegt seit Monaten auf dem Tisch.

 

  • Das Gleiche gilt für die Abklassierung der A5 zu einer Nationalstrasse 3. Klasse. Die Architekten Jürg Rihs und Rudolf Leisi haben dazu im Sommer und Herbst 2016 konkrete Vorschläge an das Kantonale Tiefbauamt geschickt – mit Kopien an die Stadtverwaltungen von Biel und Nidau. 
  • Der Projektentwickler und Raumplaner Didier Bardet hat seine Ideenskizze «WestAst Anders» mit Ausführungen und Plänen Ende März 2017 an die Behörden und an verschiedene Interessenorganisationen verschickt. 
  • Eine Studie der Zürcher Hochschule für Architektur (zhaw) hatte 2010 aufgezeigt, wie der Verkehr nach Eröffnung des Ostasts auch ohne Westast bewältigt werden könnte. Diese spannende Arbeit wurde in einer früheren Version der A5-Website des Kantons Bern erwähnt – mit dem Hinweis, man habe diesen Ansatz nicht weiter verfolgt.

Dabei zeigt gerade diese Studie auf, in welche Richtung eine moderne und zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsplanung gehen müsste. So betont etwa Klaus Zweibrücken, Professor für Verkehrsplanung an der Hochschule Rapperswil, dass Verkehrsprobleme heute nicht mehr mit dem veralteten «Infrastruktur-Ansatz» angegangen werden sollten. Er plädiert für den Ansatz «Lenken statt Bauen», wie er in immer mehr Agglomerationsgebieten mit Erfolg praktiziert wird.

Und der Wiener Verkehrsexperte Hermann Knoflacher meint zum Bieler Westast-Projekt: «Typisch für diese Art von Projektbeschrieb ist, dass hier ausschliesslich aus der Lenkradperspektive gedacht und gehandelt wird. Nicht aber aus der Perspektive von Menschen, die eine lebenswerte Stadt haben wollen.»

Höchste Zeit also, für einen breiten Diskurs über die Entwicklung der Region Biel! Es braucht einen echten demokratischen Prozess. Keine Alibiübungen, wie kürzlich die Mitwirkungsfarce «Stadtidee» in Biel. Sondern einen echten Prozess, wo alle Interessierten die Möglichkeit haben, sich einzubringen.

Wie solch ein Prozess initiiert werden könnte, zeigt Kurt Rohner auf: Ein runder Tisch, moderiert von einem renommierten Fachbüro, notabene unabhängig und ohne Interessenbindung im Kanton Bern und der Region Seeland. Der Moment ist ideal: Das Interesse der Bevölkerung an der Entwicklung der Stadt und der Region ist geweckt.

Viele Leute sind sensibilisiert und haben sich mit der Westast-Frage auseinandergesetzt. Eine Mehrheit hat klare Vorstellungen und Visionen, wie und in welche Richtung sich die Region entwickeln soll. Die Menschen wollen mitreden, mitdenken und mitgestalten – und nicht bloss delegieren.

Text: © Gabriela Neuhaus, 9.10.2017

 

 


 

ES GIBT VARIANTEN ZUM A5-WESTAST

Der Architekt und Raumplaner Kurt Rohner ist ein profunder Kenner und vehementer Kritiker des vorliegenden A5-Westastprojekts. Er fordert, dass man die Zeit bis zu den Einsprache-Entscheiden nutzt, um gemeinsam nach Alternativen zu suchen:

«Einsprachen sind Teil des Verfahrens: Das Gesetz sieht vor, dass die Betroffenen bei der Auflage die Möglichkeit haben ihr Recht geltend zu machen. In letzter Instanz sind es weder die Politiker noch die Ingenieure mit Tunnelblick, die über das Projekt urteilen, sondern Juristen. Diese müssen entscheiden, ob das vorliegende Projekt die Auflagen erfüllt, welche die heutige Gesetzgebung verlangt.

Bis es soweit ist, kann es noch Jahre dauern. Wir haben die Wahl: Während das Verfahren läuft, können wir uns weiterhin alle gegenseitig die Schuld zuweisen und mit roten Köpfen aufeinander losgehen. Oder aber, wir setzen uns endlich gemeinsam an einen Tisch und initiieren einen demokratischen Prozess. Dafür hätten wir jetzt genügend Zeit, da in den kommenden Jahren, bis die Einsprache-Entscheide gefällt sind, eh nichts läuft.»

Kurt Rohner hat klare Vorstellungen, wie solch ein Prozess aufgegleist werden müsste – und bringt selber gleich zwei Varianten ins Spiel:

«Ich erwarte von der Stadt Biel, dass sie ein neutrales Büro mit der Moderation des Prozesses beauftragt. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, müsste es wohl ein Büro aus dem Ausland sein. Es braucht einen demokratischen Prozess, bei dem die Bevölkerung mit einbezogen wird. Und nicht, wie in der Vergangenheit, einfach eine Kommission, die von den Herren Stöckli oder Fehr geleitet wird und bloss eine technokratische Übung darstellt.»

(…)

«Mit der «kleinen Seelandtangente» könnte man gleich drei Fliegen auf einen Schlag erwischen: 1. Verhindert sie, dass die Stadt Biel versaut wird, 2. kann man die Strassenkapazität Biel-Lyss auf vier Spuren ausbauen und 3. erhält man eine vernünftige Lösung für den Anschluss der T10 an die A1

(…)

«Während der Expo haben Fussgänger und Velofahrer die Strasse über eine 20 Meter breite Brücke überquert – das hat wunderbar funktioniert. Neu könnte man zusätzlich zu den querenden Brücken auch auf der Längsachse, über der Fahrbahn, eine zweite Ebene errichten. Mit viel Grünraum, für den Velo- und Fussverkehr.»

Das Interview und Kurt Rohners Westast-Varianten

 

 


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